Habt ihr auch mal in SWR Info reingehört? Ich höre starke Verzerrungen und Pumpen auf dem Mikrofonweg, abgesehen davon, daß es eklig ploppig klingt - auch bei den Nachrichten. Deutlich ist eine derbe Kompression zu hören, auch die Verpackung pumpt. Vorhin (gegen 10:42 Uhr) lief ein Beitrag über Radfahren in Shanghai. Da regelte ein extrem derber Kompressor den Sprecher mit kurzer Zeitkonstante brutal hoch. Jeder Atmer springt einem entgegen - etwa so wie bei der "Werbung", die DT64 am "Superradio 2000 O"-Tag persifliert hat. Das kann man doch niemandem ernsthaft zumuten.
Ich habe die 4 Stunden zwischen 6 und 10 mal via DVB-S mitgeschnitten und jetzt durch die R128-Messung geschoben:
Peak: -2,3 dBTP
Loudness: -16,4 LUFS
Loudness Range: 3,6 LU
Damit ist man 1,6 LU lauter gewesen als eigentlich vorgesehen. Die Loudness Range legt deutliche Kompression nahe, ein anständiges Mischprogramm kommt auf etwa 7 LU Loudness Range. Ich habe allerdings keine Lust, jetzt die 4 Stunden in die einzelnen Elemente zu zerpflücken und die alle separat auszuwerten. Genau das wäre nötig, um sich ein Bild von der "homogenen Lautheit" zu verschaffen.
Nun, würde ja im Grunde bedeuten, dass die Sender erstmal leiser sein werden.
Nein, das hat die AG Lautheit auch untersucht. Wenn man die Ziel-Lautheit auf UKW auf -18 LUFS bringt, soll es nicht leiser sein als bisher, denn dann kommt man auch in die MPX-Begrenzung, die einen ganz ähnlichen Riegel vorschiebt. Das Thema Lautheit ist also nicht konträr zum Thema UKW-Aussteuerung, beide gehen in die gleiche Richtung und treffen sich bei etwa -18 LUFS, sagt die AG. Da als Zielpegel in den Produktionsumgebungen aber -23 LUFS festgelegt sind, wären die -18 LUFS auf UKW nicht nur durch 5 dB Gain, sondern auch zwingend durch Peak Limiting zu erreichen. Das ist aber kein Beinbruch und noch 1000 mal besser als das, was heute so abgesondert wird.
Bei SR1 auf Sat hört man das extrem die unterscheide zu Musik und Moderation .
Sie sind halt unfähig, richtig auszusteuern. Dafür sind sie die einzige Popwelle der ARD, die noch sauber klingt. Der Rest ist verzerrter, eingedickter Rotz.
Was denn für eine Dynamik? Die heutigen, in der Regel totkomprimierten Radiosender haben nur noch einen Dynamikumfang von 5-10 db.
Weniger... an Dynamik sind kaum mehr als 2-3 dB übrig, je nachdem, welche Zeitkonstante man zur Bewertung heranzieht. Die hier diskutierte "Loudness Range" hat eine sehr lange Zeitkonstante und mittelt über viele Dynamiksprünge drüber weg. Selbst ein Schlagzeugsolo, bei dem es nur so knallt, kommt mitunter nur auf eine Loudness Range von 3 LU, obwohl es hochgradig "dynamisch explosiv" ist. Übers ganze empfindet das Gehör halt eine recht homogene Lautheit. Das bitte nicht verwechseln.
Die Lautheits-"Hitliste" der Analysen, die die AG Lautheit 2012 anstellen ließ, startet bei einer Loudness Range von weniger als 2 LU. SR Unserding hatte die niedrigste Loudness Range, auf den Plätzen folgten Antenne Brandenburg, DASDING und RBB Radio Eins. Ein gescheites Mischprogramm (Bayern 2) kommt auf 7-8 LU und das hier gescholtene, von deutlichen Fahrfehlern geprägte SR 1 kommt auf etwas mehr als 5 LU. Ich habe noch keine Klagen über Bayern 2 vernommen, die haben größere Lautheitsunterschiede über 24 Stunden als SR 1. Am anderen Ende der Skala: NDR Kultur, BR Klassik, WDR 3 und MDR Figaro mit Werten zwischen knapp 15 und 11 LU. Dabei spielt Figaro schon eine Menge "Pop".
Für die Popwellen trifft das zu. Die Kulturporgramme sind ja ohnehin schon "leiser" als jene mit heftigem Processing.
Dann wirst Du überrascht sein, wie wenig Lautheitsvorteil die plattkomprimierten Popwellen mit ihrem auch meist schon ab Musikindustrie plattkomprimierten Programm haben. Die AG Lautheit hat im Sommer 2012 auch die UKW-Lautheit messen lassen.
Einige Highlights:
Bayern 3 war, obwohl derbe plattgepreßt, nur 0,4 LU lauter als das recht saubere Bayern 2!
Das 2011 kaputtgemachte Radio Eins war nur 0,3 LU lauter als das recht saubere RBB Kulturradio! Bei Fritz und 88acht siehts kaum anders aus. Das muß man sich erstmal reinziehen... da geben sich die Soundpfuscher des RBB so eine Mühe, bei den Popwellen möglichst alles kaputt zu machen und dann sind sie kein fitzelchen lauter als die Kulturwelle. Großes Kino!
Und hier der beste:
SR Unserding, der damalige ARD-Plattheits-Weltmeister, war um 0,2 LU leiser (!) als die Kulturwelle SR2. Herzlichen Glückwunsch!
Mein Fazit: wenns kaputt klingt, hat das keinen Grund beim Wunsch nach deutlich höherer Lautheit, sondern liegt offenbar in gewollter hörästhetischer Perversion begründet. Und dagegen hilft auch keine AG und keine neue Norm. Man höre sich z.B. auch mal an, was MDR Thüringen sich da so zusammengebastelt hat. Ein holländischer Pirat würde sich schämen - es paßt aber zu diesem debilen Kasperbudenprogramm. Oder MDR Sachsen-Anhalt, wo, soweit ich mal aufgeschnappt habe, die Technik extra einen neuen Prozessor kaufen mußte, weil man einen "metallisch-grellen" Sound wünschte. Oder MDR Sachsen, wo einer der Mitarbeiter mal sagte, man könne keine Blenden fahren - es wird einfach nicht leiser. Es klingt dann nur weniger Scheiße. Oder Bayern 1, wo die Regionalisierungen teils anders klangen, was man beim Umschalten richtig hören konnte. Und wo insgesamt alles wie ein dumpfer Ghettoblaster aus den 80ern mit Eisenoxidkassette und Automatikaussteuerung klingt. Weils offenbar so klingen soll. Sorry, mit Rundfunk hat das alles doch seit 2 Jahrzehnten nichts mehr zu tun. Und wenn wieder einmal irgendwer sein Studio erneuert und was von "modernste Digitaltechnik" faselt, lach ich ihn aus. Da brachte man in den 60ern weitaus höhere Qualität zustande, mit Röhren-Pult.
Irgendwer muss den Anfang machen. Un sollte (und daran glaube ich mittelfristig nicht) irgendwann mal auf allen Übertragungswegen digital übertragen werden, müsste man ja auch nicht mehr gegen den Störabstand eines mäßig empfangenen FM-Signals ansenden.
Man muß aber auch nicht mehr auf MPX-Leistung und Spitzenhub achten. Ich erwarte deshalb für die Zeit nach UKW einen noch brutaleren Lautheits-Krieg als derzeit. Dann wird man mit Dauerstrichpegel bei 0 dBFS und Brachialkompression alles gleich laut haben, aber auch alles kaputt.
Die (im weitesten Sinne Pop-) Musikspecials auf einem Berliner ö/r genösse ich z. B. schon gerne in voller Dynamik, wie das früher auch mal der Fall war. Da laufen auch die Platten dafür.
Tja, Radio Eins ist weiterhin eine rotzig verzerrte, dumpf-grelle, plärrig-dröhnende, klebrige Soße, genau wie die anderen RBB-Wellen außer dem Kulturradio. Das Geschmatze bei den Moderationen, der aufgerissene Raumhall, die rasselnden Verzerrungen - das kann man sich einfach nicht anhören. Weder auf einer hochwertigen Anlage noch auf einem kleinen transportablen Empfänger. Es klingt immer widerlich.
Und daran wird sich nichts ändern, denn der Abschlußbericht der AG Lautheit zeigt auf einer Seite einen grafischen Workflow über die Pegel und Lautheitswerte entlang der Produktionskette. Und was gibt es da am Ende nach all dem Aufwand mit neuen Lautheitsmeßgeräten und filebasierter Lautheitsangleichung im Sendesystem? Richtig: den fetten Optimod. Der ist immer noch drin im Konzept. Und deshalb frage ich mich ernsthaft, wozu man den ganzen Aufwand betrieben hat. Es soll doch weitehrin erbärmlich klingen.
Mittlerweile hat RBB RadioEins es zumindest geschafft, Musik- und Wortanteile "gleich laut" klingen zu lassen. Bis vor kurzem haute es Dir bei den Programmtips jedes Mal die Ohren raus, weil diese so unerträglich laut waren.
"Bis vor kurzem" war bis Sommer 2011. Seitdem ist Radio Eins völlig kaputt auch auf den digitalen Wegen. Operation gelungen, Patient tot. Bei mir ist das Programm tatsächlich aus dem Senderspeicher geflogen, habe es seitdem nicht mehr gehört. Wenn das die Absicht des RBB war, hat sie ihre Wirkung nicht verfehlt. Inzwischen habe ich mich vom Radio fast komplett verabschiedet. Bis auf vielleicht eine Stunde im Monat (und die auf Bayern 2 oder einer Kulturwelle) bin ich völlig raus aus dem Thema. Der inhaltliche und akustische Sondermüll spielt in meinem Leben keine Rolle mehr - deshalb bin ich auch hier so rar geworden.